Wen wählt die Braut?
Von Felix Feigenwinter
(doppelstab: 6./7.März 1980)
Das behäbige, im "Baselbieter Lied" als typische basellandschaftliche Denk- und Redensart charakterisierte "Mir wei luege" ist im Laufental gegenwärtig da und dort zu hören, wenn man zwischen Duggingen und Laufen "die Frau und den Mann von der Strasse" nach ihren Wahlabsichten für den 16. März fragt. Deutlicher werden die Meinungen von politischen Exponenten geäussert, die sich seit Wochen u.a. in den beiden Laufentaler Zeitungen "Nordschweiz" und "Volksfreund" Wortgefechte liefern. Dabei bleibt es nicht bei der Front zwischen den Baselland-Liebhabern und den Solothurn-Freunden. Wie schon vor der Abstimmung vom 13. Januar, spukt auch jetzt wieder das Bestreben der Bern-Treuen hinein, die Voraussetzungen für ein Verbleiben im Kanton Bern möglichst zu sichern. Und dies, obwohl es gerade Befürworter eines weiterehin bernischen Laufentals waren, die im vergangenen Jahr den Entscheid der Laufentaler, das gegenwärtig laufende Anschlussverfahren einem frühzeitigen (endgültigen) "Ja zu Bern" vorzuziehen, als grundsätzliche Absage zu Bern gedeutet haben wollten. Allerdings wurde diese Auslegung des "Ja" vom 18. Juni 1979 als "Nein zu Bern" von den Pro-Bernern vor jener Abstimmung verbreitet, so dass ihr mehr abstimmungstaktische statt verbindliche Bedeutung zugemessen werden muss. Tatsächlich bleibt dem Laufental die Möglichkeit, im Kanton Bern zu bleiben, auch nach den beiden Abstimmungen vom 13. Januar und 16. März rechtlich absolut gewahrt. Der von der "Braut" schliesslich auserkorene Bräutigam wäre demnach gut beraten, sich nach dem 16. März vorläufig noch keiner überschenglichen Heiratseuphorie hinzugeben, denn der Auszug der Braut aus dem Haus ihrer "Mutter Bern" steht immer noch nicht fest!
Baselland oder Solothurn?
Am übernächsten Wochenende geht es wie gesagt um die zweite Ausscheidung, nachdem in der Abstimmung vom 13. Januar für viele überraschend Basel-Stadt als erstem der drei Bewerber unmissverständlich die kalte Schulter gezeigt worden ist. Ausgerechnet jenem Kanton, der am flinksten und eifrigsten gebuhlt hatte! Aufgrund des Resultats vom 13. Januar steigt Baselland als Favorit in die zweite Ausscheidungs-Runde. Allerdings wäre es leichtfertig, die Abstimmungsergebnisse vom Jabnuar als einzige Grundlage für eine Prognose zu verwenden. Wer weiss zum Beispiel schon, ob jene Laufentaler, die im Januar Basel-Stadt ihre Stimmme gaben, am 16. März Baselland oder Solothurn bevorzugen? Viele der quantitativ nach wie vor schwer zu fassenden "Pro-Berner" werden wohl aus taktischen Gründen Solothurn und nicht dem als Favorit geltenden Halbkanton Basel-Landschaft die Stimme geben - in der Hoffnung, damit den für die letzte Gegenüberstellung mit dem bisherigen Mutterkanton Bern mutmasslich attraktiveren Anschlusskanton ausschalten zu können...
Unterschiedliches Buhlen
Inzwischen versuchen Basellandschäftler und Solothurner, sich weiterhin von der sympathischsten und begehrenswertesten Seite zu zeigen. Im Baselbiet hält die Spezialkommission des Landrats für die Laufental-Frage an der "bisherigen Haltung des Kantons" fest, "wonach es zunächst in erster Linie Sache der Bevölkerung des Laufentals ist, sich über die künftige Kantonszugehörigkeit in freier Willensbildung schlüssig zu werden". Sie "verzichtet deshalb auch im heutigen Zeitpunkt auf lockende Werbung oder gar kritische Polemik, denn die Laufentaler wissen", so die Kommission in Liestal, "dass sie, sollten sie sich für Baselland entscheiden, bei uns herzlich willkommen sind". Im gleichen Atemzug wird betont, dass der Entwurf für eine Geschäftsordnung des Verfassungsrates gemäss früherer Zusage ausdrücklich die Einladung an sechs Abgeordnete des Laufentals vorsieht, "beratend an den Arbeiten der Totalrevision der basellandschaftlichen Kantonsverfassung teilzunehmen".
Zu mehr aktiver Werbung sind jetzt Solothurner bereit. Mit einer Grosskundgebung am 9. März im Bezirkshauptort Laufen "will der Kanton Solothurn vor dem Urnenentscheid vom 16. März bestätigen, dass das Laufental im Kanton Solothurn willkommen ist". An der sonntäglichen Grosskundgebung, die von elf bis zwölf Uhr dauert, werden verschiedene Persönlichkeiten das Wort an die Laufentaler richten. Organisiert wird die Grosskundgebung vom "Laufentaler Aktionskomitee pro Solothurn".